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news >> 2024 >> 240417_01

17.04.2024

Nachwehen der Corona-Pandemie

Bosetti und die Spaltung der Gesellschaft

Templin (ipr) Am 20. März 2024 werden die RKI-Protokolle online veröffentlicht. Am 22. März wird in einem Templiner Vorgarten ein antisemitisches Plakat entdeckt und von der Polizei beschlagnahmt. Dass zwischen beiden Ereignissen nicht nur ein zeitlicher Zusammenhang bestehen könnte, beschreibt der folgende Artikel.

Die vollständige Veröffentlichung der Protokolle des Corona-Krisenstabes am Robert Koch Institut (RKI-Protokolle) durch das Onlinemagazin "Multipolar" brachte die Querdenker:innen-Szene noch einmal so richtig in Wallung. Ob jemand die 2065 Seiten wirklich gelesen hat, steht auf einem ganz anderem Blatt.

Gerademal zwei Tage später meldet die Polizei, dass in einem Templiner Vorgarten ein Plakat mit "eindeutig antisemitischem" Inhalt entdeckt und beschlagnahmt wurde. Einen Bezug zu den RKI-Protokollen sieht man dort allerdings nicht.

Eine Nachfrage bei der Polizei förderte den antisemitischen Plakattext zutage: "Fritz Klein: Aus Ehrfurcht vor dem menschlichen Leben würde ich einen eiternden Blinddarm aus einem kranken Körper entfernen. Der Jude ist der eiternde Blinddarm im Körper der Menschheit."

Fritz Klein arbeitete als Arzt in Auschwitz. Er stand dort an der Rampe und selektierte die ankommenden Menschen. 1945 wurde er im Bergenbelsen-Prozess für seine Taten zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Die Nachfrage ergab aber noch ein weiteres für das Verständnis wichtige Detail. Es gab ein zweites Plakat ohne strafbaren Inhalt, das im Vorgarten aufgestellt war. "Bosetti: Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essentiell für das Überleben des Gesamtkomplexes."


Sarah Bosetti provoziert screenshot: ipr

Im Dezember 2021 während der Corona-Pandemie warb die Satirikerin Sarah Bosetti mit diesen Worten für ihr ZDF YouTube-Video auf X (vormals Twitter) und sorgte in der Querdenker-Szene für massive Empörung. Die Reaktion kam prompt. Ihre Worte wurden mit denen des KZ-Arztes Fritz Klein gleichgesetzt. Bosetti trug es mit Fassung und spottete weiter.

Die Maßnahmen-Kritiker:innen nahmen diesen unsinnigen Vergleich dankend auf als Beleg für die inhumane Coronapolitik der Regierungen und ihrer vermeintlichen Claqueure.

Der frühere DDR-Bürgerrechtler und CDU-Politiker Arnold Vaatz forderte in einem offenen Brief eine Stellungnahme des Rundfunkrates und hielt "den Rücktritt von Intendant Bellut, Programmdirektor Himmler und Chefredakteur Frey" für geboten.

"Das ZDF äußert damit erstmalig konkrete Vernichtungsphantasien gegen Menschen aufgrund ihrer politischen Einstellung. Es greift damit in Bezug auf nicht COVID19-geimpfte oder nicht politisch links zu verortende Personen offen eine Argumentationskette der Nazis auf, …"

Sarah Bosetti wurde angezeigt. Die Reaktion der Staatsanwaltschaft in Rheinland-Pfalz ordnet die beiden Texte rechtlich ein: « … von den Anzeigeerstattern gezogene Vergleich mit den volksverhetzenden Äußerungen des im Dienste der Nationalsozialisten stehenden Arztes Fritz Klein und dessen Aussage, bei Juden würde es sich "um den eiternden Blinddarm im Körper der Menschheit handeln". Diese Aussage ist als verächtlich und die Menschenwürde verletzend zu bewerten, da er die jüdische Bevölkerung unabhängig von ihrem Handeln als "schädlich" und "lebensunwert" darstellt. Diesen Inhalt besitzt die Aussage der Beanzeigten indes weder in objektiver Hinsicht, noch kann man ihr diesen Sinngehalt subjektiv unterstellen. Die Beanzeigte bringt vielmehr ihre Meinung zum Ausdruck, dass nicht impfwillige Personen nicht bereit sind, sich für die Gesamtgesellschaft einzusetzen und Verantwortung zu übernehmen. Die von der Beanzeigten daraus gezogene Konsequenz, dass deswegen eine Spaltung der Gesellschaft durchaus tolerabel sei, kann fraglos kritisch bewertet werden, strafbares Verhalten ist damit jedoch nicht verbunden.»

Der Templiner mit den beiden Plakaten in seinem Vorgarten wird wohl um eine Anklage wegen Volksverhetzung kaum herumkommen. Ohne Kommentar standen die beiden Zitate nebeneinander in seinem Vorgarten.



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