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news >> 2020 >> 200504_01

04.05.2020

Als Bundeswehrsoldat bei der "Jungen Alternative"

Wenn der Verdachtsfall beim Verdachtsfall reussieren will

Prenzlau (ipr) Der militärische Abschirmdienst (MAD) kümmert sich tatsächlich um Soldaten, die zur "Jungen Alternative" oder zum rechtsextremen "Flügel" der AfD gehören. Das geht aus einem Artikel hervor, der vom AfD-Fraktionsvorsitzenden im Uckermärkischen Kreistag, Hannes Gnauck, Anfang April bei CompactOnline veröffentlicht wurde.

Dort schreibt der in Viereck (MV) stationierte Oberfeldwebel unter dem Titel "Meine Bundeswehr: Als Patriot in den Reihen der deutschen Armee", dass er etwa vier Wochen vor seinem geplanten Einsatz in Afghanistan Besuch bekam: "Zwei nette Kameraden vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) befragten mich dann nämlich in einem etwa viereinhalbstündigen 'Verhör' zu verschiedenen Themen. Worum es in diesem Gespräch im Detail ging, möchte ich hier nicht ausführen. Ich kann nur sagen: die angenehmsten Stunden meines Lebens waren es nicht."

Seit sechs Jahren ist Hannes Gnauck bei der Bundeswehr, acht weitere Jahre hat er noch vor sich. Er war bereits einmal in Afghanistan und bereitete sich auf seinen zweiten Einsatz dort vor als er Besuch vom MAD bekam. Hannes Gnauck ist so etwas wie ein Multifunktionär bei der AfD. Neben seinem Posten als Fraktionsvorsitzender ist er Schriftführer im Parteivorstand der AfD Uckermark. Der mögliche Grund für den MAD-Besuch ist wahrscheinlich ein weiteres Amt, Schriftführer im Vorstand der "Jungen Alternative" Brandenburgs.


Hannes Gnauck (links) und der AfD Landtagsabgeordnete Felix Teichner bei einem Hallen-
fußballturnier in Prenzlauscreenshot: ipr

Die "Junge Alternative" und die AfD-Teilorga- nisation "Der Flügel" wurden Anfang 2019 vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall einge- stuft. Damit erhöhte sich das rechtsextre- me Personenpoten- tial in Deutschland schlagartig etwa um ein Drittel. Und Hannes Gnauck steckt mittendrin. Allerdings reicht es nicht aus, Mitglied der "Jungen Alternative" zu sein, um vom MAD als rechtsextrem einge- stuft zu werden. Der MAD prüft jeden Einzelfall, und das Gespräch war wohl Teil dieser Einzelfallprüfung.

Der bei CompactOnline erschienene Artikel wird jedenfalls von den "netten Kameraden vom MAD" genau gelesen werden. Denn das monatlich erscheinende "Compact-Magazin" mit Verlagssitz in Werder verbreitet nach Auffassung des brandenburgischen Verfassungsschutzes eine politische Ideologie mit erheblichem Anknüpfungspotenzial für Teile der rechtsextremistischen Szene. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Zeitschrift im März 2020 als Verdachtsfall eingestuft.

Der Artikel von Hannes Gnauck endet sehr pathetisch als Antwort auf den MAD-Besuch: "Dennoch diene ich meinem Land weiter aus Überzeugung, ich nehme an Auslandseinsätzen teil, ich bin Patriot. Ich mache das nicht für mich oder meine Familie, ich mache das für Deutschland! Ich wünsche allen unter falschen Verdacht geratenen Kameraden alles Gute. Wir verteidigen das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes. Das haben wir geschworen – und, so wahr uns Gott helfe, wird es uns auch gelingen."

Das klingt als wäre Deutschland bedroht und erinnert an einen Aufruf, den Jürgen Elsässer 2015 in seinem Blog veröffentlicht hat. Jürgen Elsässer ist Chefredakteur des Compact-Magazins. In seinem Text ruft er die Soldaten zu den Waffen und fordert sie auf zu meutern. "In der aktuellen Situation droht jedoch akute Gefahr für das Volk und den Staat, denen Ihr Treue geschworen habt. Mit der kürzlichen Entscheidung der Bundeskanzlerin zur bedingungslosen Öffnung unserer Grenzen wird die Existenz beider aufs Spiel gesetzt: Der Zustrom von Millionen Fremder ...". Die "Fremden" kamen allerdings nicht mit Waffengewalt auf Deutschlands Grenzen zu. Sie kamen als Menschen, die Hilfe suchten. Kein Grund für den Verteidigungsfall.

Außerdem entscheidet über den Verteidigungsfall nicht die Bundeskanzlerin, kein General und schon gar nicht Jürgen Elsässer. Den Verteidigungsfall stellt gemäß Artikel 115a des Grundgesetzes eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Deutschen Bundestages fest.


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