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news >> 2015 >> 150707_01

07.07.2015

Weitere Opfer rechter Gewalt in der Uckermark

Erich Fisk starb 1998 in Angermünde

Angermünde (ipr) Obdachlos in Angermünde zu sein, war um den Jahrtausendwechsel lebensgefährlich. Immer wieder wurden die Männer Opfer rechter Gewalt. Die jetzt veröffentlichte Studie des Moses Mendelssohn Zentrums (MMZ) der Universität Potsdam belegt, der Obdachlose Erich Fisk ist im September 1997 in Angermünde aus politischen Gründen zusammengeschlagen worden. Er hat sich nie wieder davon erholt und starb ein Jahr später. Die beiden Hauptverdächtigen Daniel M. und Matthias H. werden nicht angeklagt. Gegenrede.info dokumentiert den Bericht des MMZ über diesen Fall mit der freundlichen Genehmigung des Brandenburgischen Innenministeriums.

Die Internetdokumentation von DIE ZEIT listete diesen Fall unter der Kategorie "Verdachtsfälle": "Der Obdachlose Erich Fisk wird am 23. September 1997 in Angermünde (Brandenburg) mit schweren Kopfverletzungen aufgefunden. Ein knappes Jahr später, am 30. August 1998, stirbt Fisk im Krankenhaus, ohne aus dem Koma aufgewacht zu sein. Nach ungewöhnlich aufwändigen Ermittlungen ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft mehrere Verdächtige. Es handelt sich um junge Männer, mindestens einer ist Rechtsextremist. Alle sind bereits aufgefallen mit Attacken auf Obdachlose oder gebrechliche, ältere Menschen. Im Fall Fisk ist keiner der Verdächtigen geständig. Einer hat allerdings laut Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) schon so viele Obdachlose überfallen, dass ihm nicht mehr bewusst ist, ob er auch im September 1997 in Angermünde zuschlug. Jahre später werden die Ermittlungen eingestellt, ohne dass ein Täter im Fall Erich Fisk gefasst werden kann."

Tathergang und Hintergründe

Am 23.09.1997 um etwa 7.30 Uhr wird in Angermünde der Obdachlose Ernst Fisk (geb. am 07.05.1938 in Danzig) mit stark blutenden Gesichtsverletzungen aufgefunden und ins Krankenhaus gebracht. Die Ursache der Verletzungen bleibt zunächst unklar. Nach mehrmonatiger Behandlung (zeitweise wird Fisk in ein künstliches Koma versetzt) wird Fisk im Februar 1998 in ein Pflegeheim eingewiesen. Er ist schwerst pflegebedürftig, wird über eine Magensonde ernährt und kann nicht mehr sprechen. Am 10.08.1998 wird Ernst Fisk wegen einer Lungenentzündung erneut in ein Krankenhaus eingeliefert. Dort verstirbt er am 30.08.1998 an einer Lungenembolie.

Späte und langwierige Ermittlungen

Es stellt sich die Frage, warum die Ermittlungen nicht sofort nach dem Auffinden Fisks am 23.09.1997 aufgenommen wurden, sondern erst etliche Monate nach seinem Tod beginnen (Mai/Juni 1999) und bis 2002 dauern. Im Detail stellt sich der Ablauf folgendermaßen dar:

Fisk wird am 23.09.1997 gegen 7.30 Uhr verletzt aufgefunden und ins Krankenhaus gebracht. Die Polizei hat die Absicht, ihn zu befragen. Dies wird von den Ärzten wiederholt abgelehnt; Fisk sei nicht vernehmungsfähig. Festzuhalten ist, dass die behandelnden Ärzte eine Gewalttat für eher unwahrscheinlich halten. Diese sei aber auch nicht auszuschließen. 01

Eine schriftliche ärztliche Stellungnahme ist in den Akten nicht enthalten. Die vorliegenden Aktenvermerke beruhen auf telefonischen Auskünften. Die im Schlussvermerk des Polizeipräsidiums Eberswalde vom 21.06.2000 enthaltene Behauptung, bis zum Tod Fisks sei von keinem der Ärzte der Verdacht auf eine Straftat geäußert worden, ist vor diesem Hintergrund zu relativieren.

Abgesehen von der Tatortarbeit (die jedoch zunächst nicht dokumentiert wird, s. u.) und den telefonischen Rücksprachen führt die Polizei in den Tagen nach der Tat keine weiteren Ermittlungen durch. Einer Aktennotiz ist zu entnehmen, dass von der Polizei am 23.09.1997 eine Strafanzeige gefertigt wurde. "Diese Anzeige wurde gegen unbekannt aufgenommen und ohne Ermittlungen gegen unbekannt eingestellt und an die Staatsanwaltschaft Eberswalde abgegeben." Die Abgabe an die Staatsanwaltschaft erfolgt am 13.11.1997.

Nach Abgabe an die Staatsanwaltschaft Eberswalde stellt diese das Verfahren zwar ein, behält sich aber eine Fortsetzung bei Vernehmungsfähigkeit des Fisk fort. Durch Kontakt zum Betreuer von Ernst Fisk hält sich die Staatsanwaltschaft über den Gesundheitszustand auf dem Laufenden.

Obwohl bei der Leichenschau ein natürlicher Tod festgestellt wurde, ergeben sich bei einer weiteren Leichenschau im Krematorium am 09.09.1998 Zweifel. Die Staatsanwaltschaft ordnet daraufhin eine rechtsmedizinische Obduktion an, die lt. Vermerk der Staatsanwaltschaft am 15.09.1998 durchgeführt wird. Das Sektionsgutachten wird jedoch erst am 17.03.1999 abgeschickt und geht am 18.03.1999 bei der Staatsanwaltschaft ein. In diesem Gutachten wird ein nichtnatürlicher Tod festgestellt:

"[…] Insgesamt ist einzuschätzen, daß der Betroffene offenbar durch ein SchädelHirnTrauma vom Mai 1997 vorgeschädigt war und es durch die erneute schwere stumpfe Gewalteinwirkung, überwiegend auf den Gesichtsschädel, zu einer erneuten Hirnschädigung […] kam. Somit besteht Kausalität zwischen traumatischer SchädelHirnVerletzung und Todeseintritt. Angesichts der schweren traumatischen Hirnschädigung sind die vorbestehenden natürlichen Leiden (Bluthochdruck und chronische Bronchitis) von untergeordneter Bedeutung für den Todeseintritt."

Aufgrund dieses Gutachtens wird das Verfahren wieder aufgenommen. Am 22.06.1999 fertigt die Polizei eine Anzeige gegen unbekannt wg. Körperverletzung mit Todesfolge. In einem Protokoll des Polizeipräsidiums Eberswalde (ZKD 1. Komm., verfasst von KHK H.) vom 23.06.1999 heißt es u.a.: "Durch den Unterzeichner erfolgte Rücksprache mit KHK Schm. Es wurde veranlaßt, daß zur Anzeige wegen Körperverletzung vom 23.09.97 die fehlenden Unterlagen wie TOBericht, Bildanlagekarte und Spurenbericht nachträglich gefertigt werden. Zur Person des Geschädigten gibt Herr Schm. an, daß Fisk bereits seit Jahren Alkoholiker war und häufig mit kleineren Diebstählen angefallen ist. Fisk lebte sehr verwahrlost, war seit Jahren Sozialhilfeempfänger, zuletzt war er obdachlos."

Des Weiteren wird in diesem Protokoll über ein Gespräch mit dem "Kollegen Achim Sch." in der "Wache Angermünde" berichtet: "Kollege Sch. gibt an, dass man Fisk öfter mit Verletzungen im Gesicht gesehen hat. Er selbst sprach dann auch davon, dass er verprügelt wurde, er aber auch aufgrund seines Alkohols gefallen ist. Fisk war sehr ungepflegt und verschmutzt. Es wurde bekannt, dass öfter Jugendliche aus Angermüde und Umgebung den Fisk aufgesucht haben und ihn dann bestohlen haben. Durch diese Jugendlichen ist er dann auch geschlagen worden. Anzeige habe Herr Fisk nicht erstattet."

Auf den nachfolgenden Seiten finden sich der (recht ausführliche) nachträglich angefertigte Tatortbericht sowie eine Lichtbildmappe.

In einem weiteren Aktenvermerk aus dem Polizeipräsidium Eberswalde (ZKD, 1. Komm., KHK H.) vom 25.06.1999 heißt es, den Polizeibeamten K. und Gr. sei Fisk "bereits seit mehreren Jahren bekannt" gewesen.

"Er war ein stadtbekannter Obdachloser, der regelmäßig und viel Alkohol trank und ist mehrfach als hilflose Person auf einer Bank im Friedenspark Angermünde festgestellt worden. In geführten Gesprächen mit Fisk äußerte dieser auch mehrfach, dass er von unbekannten Personen geschlagen wurde, die er aber nicht weiter benennen konnte. Fisk wurde öfter mit Verletzungen gesehen. Nach Durchsicht der Unterlagen wurde ein Einsatzbericht vom 10.01.97 vorgelegt, aus dem hervorgeht, daß der Geschädigte mit Verletzungen festgestellt wurde. Hinweise zu dem möglichen Täter konnten nicht gegeben werden. Es ist aber bekannt, dass in zurückliegender Zeit wiederholt Jugendliche Diebstahlshandlungen und Raubhandlungen an Obdachlosen und Alkoholikern im Stadtgebiet Angermünde durchgeführt haben. In diesem Zusammenhang erfolgte Rücksprache mit Herrn Sch. von der DKB in Schwedt/O. Herr Schulz bestätigt, daß es im Zeitraum August bis Herbst 97 durch Jugendliche zu wiederholten Diebstahlshandlungen bei Obdachlosen gekommen ist. Hierzu wird ein Personenkreis erarbeitet, der in der Folge als Verdächtige geprüft werden."

Nach der Wiederaufnahme des Verfahrens führt die Polizei eine Reihe von Zeugenvernehmungen durch, die durchaus relevante Ergebnisse erbringen. Diese Phase der Ermittlungen endet mit dem Schlussvermerk des Polizeipräsidiums Eberswalde vom 21.06.2000 (aus dem oben bereits zitiert wurde). Angesichts der Tatsache, dass Fisk nun fast schon zwei Jahre tot ist, hat es den Anschein, dass der Angelegenheit keine hohe Priorität zugebilligt wurde.

Die nächste – nunmehr intensivere Phase der Ermittlungen wird am 03.07.2000 mit einer Verfügung der Staatsanwaltschaft eingeleitet. Diese ordnet an, "sämtliche Verfahren des Schutzbereiches Angermünde, die im Zusammenhang mit Überfällen, Körperverletzungshandlungen zum Nachteil von mittellosen Personen, die von den Zeugen als ‚Assis‘ bezeichnet werden, aufzuführen und die dort Beschuldigten als Zeugen zu hören". Nach einer Auflistung des Polizeipräsidiums Eberswalde vom 07.08.2000 wurden 53 Personen zur Zeugenvernehmung vorgeladen. 32 erschienen zur Vernehmung bei der Polizei.

Letztendlich wird das Ermittlungsverfahren jedoch von der Staatsanwaltschaft eingestellt, weil nach deren Einschätzung keine hinreichend Tatverdächtigen ermittelt werden konnten.

Bewertung Fall Fisk

Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, weil keine hinreichend Tatverdächtigen gefunden wurden, bzw. diese ein Alibi für die Tatzeit beibringen konnten. Ein Gerichtsverfahren fand daher nicht statt.

Ein politisches Tatmotiv ist jedoch sehr wahrscheinlich. Im Sektionsgutachten wird ein nichtnatürlicher Tod angegeben. Den umfangreichen Zeugenvernehmungen ist zu entnehmen, dass sich am Bahnhof Angermünde regelmäßig Skinheads trafen und dass von diesen auch Obdachlose "aufgeklatscht" wurden. Der stadtbekannte Obdachlose Ernst Fisk wurde des Öfteren mit Verletzungen gesehen. Er äußerte mehrfach (auch gegenüber der Polizei), dass er von Unbekannten geschlagen wurde.

Die Polizei ist sich in diesem Fall bis heute sicher, damals die – rechtsgerichteten Täter ermittelt zu haben.

01 Polizeibericht vom 24.09.1997: "Außer dem Kieferbruch hat er noch mehrere gebrochene Gesichtskno- chen. Diese könnten vermutlich von einem Sturz stammen. Diese Verletzungen sind für einen Schlag eher unüblich. Definitiv kann dies aber noch nicht gesagt werden." Polizeivermerk vom 26.09.1997: "Auch Dr. R. äußerte, daß er die Verletzungen des Herrn Fisk eher einem Unfall als einer Gewaltstraftat zuordnen würde, zumal ‚Alkohol wohl eine große Rolle‘ gespielt haben dürfte. Eine Straftat könne jedoch nicht ausgeschlos- sen werden."

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Irmela Mensah-Schramm schrieb am 07.07.2015
Bei dieser Justiz hierzulande muss man fest davon ausgehen, dass sie nicht nur "blind auf dem Rechten Auge" ist, sondern definitiv Nazi-freundlich agiert!
Dafür gibt es genügend handfeste Beispiele!
Aktuell die Bestätigung des BGH in Karlsruhe zum Freispruch für die vier Nazischläger, die einen türkischen Kioskbetreiber halb tot geschlagen haben, da sie diesen Angriff der vier - gegen einen wehrlosen Menschen als "Notwehr" anerkannt haben, weil der zuvor von dieser Schlägertruppe massiv bedrohte lediglich einen Stock in der Luft geschwungen hatte.
Und nun ein weiteres abenteuerliches Vorgehen der - brandenburgischen Justiz, die eine Anzeige gegen mich wegen angeblicher "Beleidigung" von dem Neonazi Martin St. dazu nutzte, mir einen Strafbefehl über ? 450.- zu schicken.
Bei den von mir zuvor gemachten Anzeigen wegen massiver Bedrohung, auch mit dem Tode, oder Verletzungen durch tätliche Angriffe etc., diese werden schnell eingestellt.
Deutsche Juristen schützen die Faschisten!
Anders kann man dies nicht mehr zu bezeichnen.

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