![]() Nachrichten, Berichte, Analysen zum Rechtsextremismus in der Uckermark |
22.09.2010 FilmkritikKevin fast allein im FilmSchwedt (ipr) Vergangenen Freitag fand in den Uckermärkischen Bühnen Schwedt die Uraufführung des Filmes "Einer von uns statt". Im Film schildert der 22-jährige Kevin M. seine Erfahrungen mit und in der rechten Szene und seinen Ausstieg. Initiiert worden ist der Film über den Schwedter Verein Polnisch-Deutsche Standortentwicklung PoDeSt e. V. Gemacht haben ihn Karoline Hugler und Julian Tyrasa aus Berlin. Finanziert worden ist der Film über den Lokalen Aktionsplan (LAP) Uckermark im Rahmen des Bundesprogramms „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Unter den etwa 60 Gästen befanden sich neben dem Bürgermeister der Stadt Schwedt, Jürgen Polzehl, auch zwei Mitglieder einer Nazi-Gruppe, die zum Brandenburg-Tag in Schwedt noch schwarze T-Shirts mit der Aufschrift Oderfront getragen haben, Sebastian H. und Herr L. Zum Film Der 47-minütige Film ist fast eine Ein-Mann-Show jenes Kevin M. Als einziges Korrektiv dient Kevins Großmutter, die fast übermächtig ständig mit der Großaufnahme ihres Gesichtes erscheint, während Kevin oft sitzend vor einer tempelgleichen Grabstätte zu sehen ist. Das mag sich langweilig anhören, funktioniert aber, da beide Protagonisten starke Typen sind, die Spannendes zu berichten haben. Aufteilung Der Film ist zerlegt in 12 Kapitel, die auch getrennt abgespielt werden können. Die Kapitel machen Sinn, nur Anfang und Schluss sind irritierend oder sogar in die Irre führend. Zu Beginn wird eine Brandruine gezeigt. Man erkennt ein Plakat an der Wand mit der Aufschrift Korfu. Man erfährt nicht, was das ist. Kevin M. plappert einfach aus dem Off darüber und fängt mit seiner Geschichte an. Die Szene wird nicht aufgelöst. Am Schluss wird eine Gesprächsrunde mit polnischen Jugendlichen und Kevin M. gezeigt. Zuvor darf sich der Verein PoDeSt e. V. präsentieren. Das wirkt drangeklatscht. Das sind Streicheleinheiten für den Auftraggeber. Da vorher im Film die spezielle Polenfeindlichkeit der Nazis in der Uckermark nicht thematisiert wird, erlangt das Bild polnische Jugendliche sprechen mit Kevin M. auf Augenhöhe keine Symbolkraft. Fünf Jahre in 40 Minuten
Natürlich ist es schwierig, fünf Jahre eines Lebens auf 40 Minuten zu verkürzen. Da können nur einige prägende Erinnerungen Raum finden. Da wird gekürzt und verkürzt dargestellt. Es entsteht eine Geradlinigkeit aus der Erinnerung, die so vielleicht gar nicht vorhanden war. Der Bericht Kevin Ms ist durchzogen von Gewalt: Rechte Gewalt in der Uckermark gegen ihn lassen ihn zum Linken werden. Gewalt eines Ausländers gegen ihn und die Hilfe durch Nazis öffnen die Tür zu seinem rechten Dasein. Gewalt gegen einen Linken, weil der die besseren Argumente hat, bringen ihn in Richtung Ausstieg aus der Szene. Dazu der Aufbau der Kameradschaft "Hatecore Warriors" in der Uckermark als Parteiauftrag. Und das wirkt überraschend: Kevin M. wird zum Holocaustleugner und findet später über die erneute Beschäftigung mit dem Holocaust den Weg aus der Szene heraus. Der Film wirkt seltsam zeitlos. Der Betrachter hat Schwierigkeiten, einen zeitlichen Rahmen für die geschilderten Vorgänge zu finden. Da werden Prozesse nacheinander geschildert, die parallel stattgefunden haben müssen. Dazu kommt, dass Personen aus Kevin Ms rechten Umfeld nie kenntlich werden und er scheinbar auch wie ein Mönch gelebt haben muss. Niemand weiß durch die Erzählweise von Kevin M., ob seine Bezugspersonen in der rechten Szene konstant blieben oder wechselten. Er verrät oder beschuldigt im Film keinen seiner früheren Kameraden. Zum Film fehlt da begleitendes Material, um die Beschreibungen Kevins einordnen und erklären zu können. ______________________________________ antiantitanti am 07.10.2010 Matze schrieb am 05.10.2010 ______________________________________ Ihre Meinung |