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29.07.2010 Statt zehn nun neun Jahre Haft wegen Mordes in TemplinEin Jahr Ablass dank der RevisionNeuruppin (ipr) Neun Jahre Jugendstrafe für Sven P. lautete gestern das Urteil der zweiten großen Strafkammer des Landgerichts Neuruppin. Sven P., der zur rechten Szene Templins gehört, hatte den betrunken am Boden schlafenden 55-jährigen Bernd K. in dessen Werkstatt am 22. Juli 2008 aus Mordlust zu Tode getreten. Zwei Mal mussten sich die Angehörigen von Bernd K. während der 120-minütigen Beweisaufnahme die Geschichte dessen Todesmarsches durch Templin und seiner grausamen Ermordung anhören. Das erste Mal bei der Verlesung des Urteils vom 5. Mai 2009 bei der Sven P. noch mit seinem Mittäter Christian W. vor Gericht saß. Das zweite Mal bei der Verlesung des Revisionsurteils des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 14. Januar 2010, das die gestrige neu angesetzte Hauptverhandlung erst ermöglicht hatte. Die Angehörigen hätten es gern auch noch ein drittes Mal gehört, nämlich aus dem Munde des heute 20-jährigen Mörders Sven P. Doch der schwieg zur Sache wie schon in der ersten Hauptverhandlung.
Dass Sven P. ein brutaler Mörder ist, daran hatten auch die Richter des BGH keinen Zweifel gelassen. Sie fanden allerdings, dass die Widersprüche in der für die Verurteilung maßgeblichen Aussage des Mittäters Christian W. nach dessen Festnahme nicht ausführlich erörtert und dessen Anteile am Mord falsch bewertet worden waren. Weder die starken Würgemale am Hals des Opfers noch die Schnittwunden in dessen Gesicht waren durch die Aussage von Christian W. eindeutig einem der beiden Täter zuzuordnen. Der BGH befand sich damit ganz auf der Linie der Staatsanwaltschaft, die schon während der 1. Hauptverhandlung im vergangenen Jahr eine größere Tatbeteiligung bei Christian W. gesehen und eine lebenslange Haftstrafe für ihn gefordert hatte statt der gegen ihn verhängten 9 Jahre und 3 Monate. Nach den Urteilen folgte die Verlesungen verschiedener Stellungnahmen wie der Jugendgerichtshilfe und des Pädagogischen Dienstes über das bisherige Leben und das Verhalten Sven Ps im Gefängnis. Mehrfach tauchte darin auf, dass es für Sven P. schlimm war, seinen Vater in jungen Jahren verloren zu haben. Das brachte die Tochter des Ermordeten dazu im leichten Anflug von Sarkasmus zu flüstern: „Ich habe meinen Vater auch in jungen Jahren verloren.“ Sven P. schwieg wie schon in der ersten Hauptverhandlung zur Sache. Er war lediglich bereit, zu sich selbst Auskunft zu geben. Das aber auch nur, weil er sich davon Vorteile versprach. So erklärte er dem Gericht, dass er seit Februar diesen Jahres sowohl eine Alkoholtherapie als auch eine Teilnahme an der einer Gruppentherapie „Abschied von Hass und Gewalt“ beantragt habe. Außerdem habe er eine Lehre als Maler begonnen. Über sein Verhalten in der Tatnacht sagte er, es sein dumm gewesen. Kein Wort der Entschuldigung, kein Wort des Bedauerns! Kein Eingeständnis der Tat!
Für Plädoyers war wenig Raum. Zu eng waren die Vorgaben des BGH. Während der Verteidiger darauf hinwies, dass bei der Bemessung der Strafe, der Alkoholkonsum in der Tatnacht und die guten Vorsätze fürs nächste Jahr stärker zu berücksichtigen seien und für acht Jahre Haft plädierte, sprach die Vertreterin der Nebenklage hier von taktischen Erwägungen. Sven P. habe die vergangenen zwei Jahre nicht zur Aufarbeitung der Tat genutzt. Sein angepasstes Verhalten in Haft mit Werten wie Sauberkeit, Pünktlichkeit und Ordnung bewiesen gar nichts. Ihrer Meinung nach habe der BGH festgestellt, dass Christian W. eine zu geringe aber Sven P. keine zu hohe Strafe erhalten hat. Sie forderte erneut zehn Jahre Jugendstrafe für ihn. Der Staatsanwalt stellte nüchtern fest, Sven Ps. Tritte in das Gesicht von Bern K. seien für dessen Tod verantwortlich, der BGH habe eine geringere Strafe im obersten Bereich für ihn verlangt, deshalb forderte er neun Jahre Jugendhaft. Eine Forderung, der das Gericht letztendlich folgte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sven P. bleibt weiter in Untersuchungshaft. Sein Verteidiger wollte nach diesem Urteil eine erneute Revision nicht ausschließen. Ihre Meinung |