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news >> 2010 >> 100216_01

16.02.2010

Mitläufer der rechten Szene Templins zu drei Jahren Jugendhaft verurteilt

Eher Mitschläger als Mitläufer

Prenzlau (ipr) Gestern wurde der 19-jährige Templiner Ronny M. vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichtes Prenzlau wegen zweifacher gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlicher und fahrlässiger Körperverletzung, versuchter Nötigung, Fahrerflucht, Trunkenheit im Straßenverkehr, falscher Verdächtigung und mehrfachen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Gesamtjugendhaftstrafe von drei Jahren verurteilt. Ein zweiter Angeklagter, Artur E. (20), wurde freigesprochen.

In das Urteil wurden eine Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten einbezogen, die er aufgrund zweier Urteile aus dem Januar und April 2009 als Bewährungsstrafen im Gepäck hatte.

Das milde wirkende Urteil für diese Parforcejagd quer durch das Strafgesetzbuch – zehn Straftaten innerhalb von sechs Monaten - erklärt sich aus dem Kerngeständnis, das Ronny M. zu Beginn des viertägigen Prozesses ablegt hatte und der Tatsache, dass sowohl ein vom Verteidiger beantragter Gutachter als auch der Vorsitzende Richter aus eigener Anschauung zu dem Ergebnis kamen, dass Ronny M. aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit als vermindert schuldfähig zu betrachten sei.

Dem Antrag der Verteidigung, Ronny M. wegen seiner Alkoholabhängigkeit in eine geschlossene therapeutische Einrichtung einzuweisen, folgte das Gericht nicht. Es war der Überzeugung, dass Ronny M. trotz seiner Alkoholabhängigkeit in der Vergangenheit immer wieder bewiesen habe, dass er noch leistungsfähig sei und eine ihm übertragene Arbeit zuverlässig und ordentlich ausführen könne. Aus seiner verminderten Schuldfähigkeit ergebe sich nicht zwangsläufig die Notwendigkeit des Maßregelvollzuges. Es gäbe in der Haft auch andere Therapiemöglichkeiten. Das Gericht beschloss, den aktuellen Haftbefehl aufrecht zu erhalten.

Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung behielten sich vor, Berufung einzulegen.

Tatort Templin

Das Gericht hielt es für erwiesen,

  • dass Ronny M. am Abend des 8. April 2009 alkoholisiert einen Bekannten nach spaßigen Gerangel und Griffen in den Genitalbereich per Kopfstoß ins Land der Träume geschickt hatte. Die ebenfalls angeklagten Fußtritte konnten ihm nicht nachgewiesen werden.
  • dass er danach auf das Polizeirevier gegangen war und dort sein Opfer wahrheitswidrig einer Gewalttat beschuldigt hatte.
  • dass er in den Nachtstunden des 15. und 16. Mai zwei Mal die verbotenen Nazi-Parole „Sieg Heil!“ gebrüllt hatte.
  • dass Ronny M., der am 27.06.2009 auf öffentlicher Straße erheblich alkoholisiert in schlingernder Fahrweise von zwei Polizeibeamten erwischt wurde, betrunken Fahrrad gefahren war.
  • dass er am 10. Juni 2009 zwei weitere Verkehrsstraftaten begangen hatte. Er brachte mit seinem Fahrrad im nüchternen Zustand eine ihm entgegenkommende Fahrradfahrerin zu Fall und verletzte diese. Danach verließ er den Unfallort, ohne der schimpfenden Frau Namen und Adresse mitzuteilen.
  • dass er am 8. August 2009 im alkoholisierten Zustand seinen Kumpel Artur E. einen Fausthieb gegen die Stirn verpasst hatte. Einen weiteren Fausthieb und Tritte mit Fuß und Knie in die Rippen konnten ihm nicht eindeutig nachgewiesen werden.
  • dass er am 17. September 2009 zur Mittagszeit versuchte einen 15-jährigen Schüler, der am Döner-Stand Essen kaufte, mit ausländerfeindlichen Worten zu nötigen: „Ich könnte dir eine reinschlagen. Ich mag diesen Ausländerfraß nicht. Wenn ich dich das nächste Mal dabei erwische, trete ich dir den Fuß ins Gesicht.“
    Danach stieß er einen weiteren Schüler Treppenstufen hinunter, schlug ihn mit seine Quarzhandschuhfaust gegen die Brust und verpassten ihm einen Kopfstoß. Kurz darauf betrat Matthias M. den Schauplatz.

Freispruch für Gewalt am Türkenimbiss

Das Bild, das sich den Polizisten geboten haben muss, als sie am Tatort erschienen, dürfte auch sie zum Schmunzeln gebracht haben. Da klemmte die mit einer Bomberjacke bekleidete Glatze, Artur E., besoffen mit seinem Hintern in einem Müllkorb. An der linken Hand ein Quarzhandschuh. Am Boden lag der mit Bomberjacke und Springerstiefeln bekleidete rechte Schläger Ronny M. An der rechten Hand einen Quarzhandschuh. Und halb in der Hocke gegen eine Litfaßsäule gelehnt, befand sich der Schläger Matthias M. Sein kahlrasierter Schädel und sein Gesicht waren blutüberströmt.

Wie es zur Platzwunde auf dem Schädel des unstrittig als Retter herbeigeeilten und für die Leserinnen und Leser dieser Website nicht unbekannten Matthias M. kam, konnte allerdings aus Sicht des Gerichtes nicht aufgeklärt werden. Deshalb wurde Ronny M. in diesem Punkt vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen.

Noch nicht aller Tage Abend

Ronny M. steht noch eine weitere Anklage ins Haus. Anfang September 2009 soll er seinem Kumpel Artur E. das Gesicht grün, blau und schief geschlagen haben. Die Staatsanwältin hatte versucht. diese Anklage noch in das laufende Verfahren einzuführen, wurde aber von der Verteidigung ausgebremst. Allerdings hatte auch der Vorsitzende Richter Bedenken angemeldet.



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