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news >> 2009 >> 090313_01

13.03.2009

Templiner Mord vor Gericht: Richter sieht in Sven P. einen Rechtsradikalen

Erste Risse im Block der Verteidiger

Neuruppin (ipr) Ein zerfaserter fünfter Verhandlungsstag im Prozess gegen zwei Angeklagte, die einen Arbeitslosen aus Templin brutal ermordet haben sollen, brachte gestern zahlreiche Beweisanträge der Verteidigung, die Einschätzung der Jugendgerichtshilfe, Sven P. nach Jugendrecht zu behandeln, nicht erschienene Zeugen und die deutlich formulierte Erkenntnis des Vorsitzenden Richters, dass es sich bei den im Zimmer von Sven P. gefundenen Plakaten, Flyern, Kleidungsstücken und Musik-CDs um die typische Ausstattung eines rechts Denkenden handle.

Damit reagierte der Richter auf Teile des umfangreichen Beweisantrages, den der Anwalt der Ehefrau des Ermordeten am vorherigen Prozesstages gestellt hatte, und der belegen sollte, dass es sich bei Sven P. um einen Rechtsextremisten handelt, der seine Tat aus niedrigen Beweggründen begangen hat. In diesem Fall, weil das Opfer, der am Rande der Gesellschaft stehende Bernd K., es wagte, entgegen vorheriger Absprachen zu handeln und auch Forderungen ignorierte, sich wieder verabredungsgemäß zu verhalten.

Bildbetrachtungen

Dank der deutlichen Fotobeschreibungen des Vorsitzenden Richters bekamen auch die Zuschauer mit, welche Nazi-Devotionalien sich im Zimmer von Sven P. befanden: Rudolf Hess Plakat an der Zimmertür, Rudolf Hess Foto im Regal, Karten mit der "schwarzen Sonne", "White Power" und eine "Blood & Honour" Fahne an der Wand mit der Aufschrift "Skrewdriver – Hail the new dawn". Dazu fanden sich CDs der Rechtsrock-Bands "Nordfront" und "Sturmwehr". Der Kleiderschrank bot unter anderem Kleindung der Marken "Lonsdale" und "Consdaple". Bei seiner ersten Vernehmung am Morgen nach der Tat trug Sven P. ein Rudolf Hess Sweatshirt.

Der Richter zeigte sich auch bereit, am nächsten Verhandlungstag zwei Briefe vorzulesen, die Sven P. von Sebastian F. aus dem Gefängnis erhalten hatte. Sebastian F. gilt in der rechten Szene Templins als etwas Besonderes. Er war im Jahre 2002 an der Ermordung eines Jugendlichen in Potzlow beteiligt. Dabei hatten die drei Täter ihr Opfer stundenlang gedemütigt und gequält und schließlich die Leiche in einer Jauchegrube versenkt. Seit Mai letzten Jahres befindet sich Sebastian F. erneut wegen politisch motivierter Gewalttaten in Haft.

Schon die Anrede in beiden Briefen "Heil dir" und der Schluss der Schreiben "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" sowie "Heil Euch alle da" und "Sei stolz und weiß" weisen laut Nebenklägeranwalt darauf hin, das die beiden Männer eine faschistische Ideologie verbindet. Zusätzlich auf Bitten der Staatsanwaltschaft betrachteten die Prozessbeteiligten ein Foto von Christian W., das bei ihm zwei Tätowierungen zeigt: ein fettes Hakenkreuz über dem rechten Knie und eine große "White Power" Faust auf dem Bauch.

Strategie der Verteidigung

Bei der Verteidigung deutete sich an, dass man in Zukunft getrennte Wege gehen könnte. Die beiden Verteidiger von Christian W. arbeiten durch die Ladung zusätzlicher Zeugen darauf hin zu beweisen, dass ihr Mandant während der Tatzeit sehr stark betrunken war. Weiterhin zweifelten sie die Neutralität der Gutachterin Frau Dr. Horn an, die in ihrem Gutachten bei Christian W. keine Anhaltspunkte für eine Volltrunkenheit beziehungsweise verminderte Schuldfähigkeit zur Tatzeit gefunden hatte. Sie listeten eine Reihe von Untersuchungsmängeln auf und verlangten in ihrem Beweisantrag einen weiteren Gutachter, der ihren Mandanten auch auf eine Borderline-Persönlichkeitsstörung hin untersuchen soll. Der Vorsitzende Richter wies darauf hin, dass für ein qualifiziertes Gutachten, die Mitarbeit von Christian W. notwendig sei, die dieser aber - auch auf Anraten seiner Verteidiger - verweigere.

Der Verteidiger von Sven P. will versuchen, die detailgenaue Schilderung des Tathergangs durch Christian W. zu erschüttern, die seinen Mandanten als Haupttäter präsentiert. Seine Beweisanträge zielen darauf ab, Christian W. als jemanden entlarven, der sein Täterwissen dazu nutzt, sich als unschuldig darzustellen und andere Personen zu belasten. Als Begründung zitierte er Zeugenaussagen aus früheren Prozessen bei denen Christian W. auf der Anklagebank saß. Der Richter schien davon unbeeindruckt und erklärte, dass hier das frühere Verhalten bei anderen Taten nicht zähle. Ein zarter Hinweis darauf, dass Sven P. schon sein Schweigen brechen muss, um die Aussagen seines Komplizen zu erschüttern.



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