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02.06.2020am 03.06.2020

Nachschläge zur "Grundrechtedemo" am 16.Mai in Prenzlau

Nebelkerzen vom AfD-Kreisvorsitzenden

Prenzlau (ipr) Der Verfassungsschutz in Brandenburg beschreibt die sogenannte Grundrechte-Demonstration zweier AfDler am 16. Mai in Prenzlau als "rechtsextrem beeinflusst". Zu lesen war das letzte Woche in der Prenzlauer Zeitung. Demo-Mitorganisator und Mitglied der Jungen Alternative, der AfD-Landtagsabgeordnete Felix Teichner, zündet daraufhin auf YouTube fleißig Nebelkerzen und unterstellt dem Autor des Artikels Tatsachen-Missbrauch.

Noch am 16. Mai auf seiner "Grundrechtedemo" hat der Landtagsabgeordnete Felix Teichner den Uckermark Kurier als positives Beispiel für objektive Berichterstattung genannt, denen er immer gern ein Interview gibt. Dem rbb dagegen verweigert er sich.


Überraschungsgast Andreas Kalbitz, dessen AfD-Mitgliedschaft tags zuvor annuliert wurde
foto: ipr

Nach den folgenden Zeilen in der Prenzlau- er Zeitung dürfte sich das 'gern' erledigt haben: «Nach Ein- schätzung des Innen- ministeriums des Landes Brandenburg ist die Demonstration "für Grundrechte und Politik mit Verstand" am 16. Mai auf dem Marktberg in Prenzlau "rechtsextremistisch beeinflusst" gewesen. "Zur Demonstration hatte die Junge Alter- native (JA) Branden- burg aufgerufen. Sie wird bundesweit von den Verfassungsschutzbehörden als rechtsextremistischer Verdachtsfall bewertet", hieß es zur Begründung.

Nicht nur Mitglieder aus dem Landesvorstand der Jungen Alternative hatten an der Demonstration in Prenzlau teilgenommen, sondern auch der (ehemalige) AfD-Politiker Andreas Kalbitz, der einen Tag zuvor vom Bundesvorstand aus der Partei geworfen worden war. "Kalbitz gilt als Rechtsextremist und als einer der führenden Protagonisten des ‚Flügels‘ der zwischenzeitlich formal aufgelösten rechtsextremistischen Parteistruktur innerhalb der AfD." Die Junge Alternative habe sich nachweislich zu Andreas Kalbitz bekannt. "Durch diesen Schulterschluss dokumentiert die brandenburgische JA, dass sie die politische Agenda Kalbitz‘ teilt und sich damit zu dessen erklärtem Ziel – der rechtsextremistischen Durchdringung und ‚Verflügelung‘ der AfD – bekennt", ... .»

Nebelkerzen gezündet

Soweit das Zitat aus der Prenzlauer Zeitung (Lokalteil des Uckermark Kurier). Zeilen, die Felix Teichner zu einer Gegendarstellung veranlasst haben. Dafür wählt er allerdings nicht die Prenzlauer Zeitung aus. Er wendet sich über YouTube an seine AnhängerInnen: "... Weitaus mehr haben sich im Außenbereich unserer Demonstration versammelt. Darunter leider auch wenige Leute, die sich in ihrem persönlichen Verhalten und ihrer persönlichen Ausdrucksweise nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung bewegten. Unser Sicherheitspersonal hat diese Leute im Vorfeld erkannt und ihnen unter der Aufsicht der Polizei den Zugang verwehrt. Ungeachtet dessen hat ein Lokalreporter diese Tatsache missbraucht, um unserer Demonstration und damit uns alle als Nazi-Demonstranten und Teilnehmer einer sogenannten Hygienedemo fälschlicherweise zu diffamieren. ..."

Friedliche Demos


foto: ipr

Interessant ist hier erst einmal, dass Felix Teichner zugibt, dass Nazis seinem Demoaufruf gefolgt sind. Ob sie nun vor oder hinter der Absperrung waren, ist dabei unerheblich. Die Polizei als Zeuge für das vermeintliche Handeln der Ordner zu benennen, ist unredlich. Es ist nicht Aufgabe der Polizei zu entscheiden, wer den für 50 Menschen reservierte eigentlichen Demo-Raum betreten darf und wer nicht. Außerdem straft er seinen Parteifreund und Vorstands- mitglied der JA Brandenburg, Hannes Gnauck, damit lügen. Der hat nämlich in seiner Rede am 16. Mai gesagt: "Denn ich sehe hier keine Aluhutträger, keine Spinner, Nazis oder Verschwörungstheoretiker."

Ansonsten lenkt Teichner ab. Niemand und schon gar nicht Konstantin Kraft hat die Menschen am Rande der Demo pauschal als Nazis bezeichnet, wie es Teichner behauptet.

Es waren einige bekannte Prenzlauer Nazis hinter der Absperrung. Darunter NPDler und zwei, die auf Retro-Nazis machten, mit ihren Landser-Kapuzenpullovern. Aber alle haben sich friedlich verhalten. Niemand hat provoziert, wie es Teichner behauptet. Außerdem sollte jemand wie Felix Teichner, der bei Facebook seit Jahren mit dem im Winter verstorbenen René Herrmann (Märkischer Heimatschutz, NPD, Die Rechte) befreundet ist, zum Thema Nazi-Provokateure etwas verhaltener sein. Der Verfassungsschutz bezog sich bei seiner Einschätzung auf die Menschen innerhalb der Demo-Sperrzone und nicht auf die BesucherInnen an Rande.

Das Wort "Hygienedemo" taucht im kritisierten Artikel von Konstantin Kraft gar nicht auf. Auch hat er die Nazis am Rande der Demo in diesem Artikel, der am 24. Mai in der Prenzlauer Zeitung erschien, gar nicht erwähnt. Das war Teichner selbst.

Nicht die erste Demo mit Nazis


screenshot: ipr

Konstantin Kraft hat lediglich seinen Job gemacht. Er hat beim Brandenburgischen Innenministerium nach einer Bewertung gefragt und hat von dort eine Antwort erhalten. Diese hat er teilweise wiedergegeben. Und die besagt, Gnauck und Teichner bewegen sich innerhalb von Strukturen, die für den VS ein rechtsextremer Verdachtsfall sind. Mit ihrer offenen Unterstützung für Andreas Kalbitz und auch Björn Höcke verschiebt sich das weiter in Richtung rechtsextrem.

Dabei betrachtet der VS noch nicht einmal die Rolle des heutigen AfD-Kreisvorstandes bei den beiden Nazi-Demos in Templin im Dezember 2018 und Februar 2019. Aribert Christ, heute 2. stellvertretender Kreisvorsitzender, hat die Demos nach eigenen Angaben mitorganisiert und mitfinanziert. Und mit den braunen Kameraden vereinbart, dass man auf den Demos so tue als würde man sich nicht kennen. Beim Brandenburgischen Verfassungsschutz gilt der Templiner Nazi-Barde Sebastian Döhring alias Fylgien als Organisator. Kreischef Felix Teichner und sein 1. Stellvertreter Sebastian Schubert, die vorher von Aribert Christ über sein Engagement informiert wurden, waren ebenfalls mitmarschiert und haben einträchtig den Reden des früheren FAPlers Dieter Riefling gelauscht. Ein deswegen vom alten Kreisvorstand um Jan-Ulrich Weiß eingeleitetetes Parteiausschlussverfahren verlief im Sande.

Corona-Maßnahmen schlimmer als die DDR

Kaum hatte Felix Teichner seine Nazi-Falschbehauptung in die Welt gesetzt, meldete sich eine Demonstrantin aus Carmzow zu Wort und durfte ihre Empörung in einem Artikel der Prenzlauer Zeitung zum Ausdruck bringen: «Die fünffache Mutter war am 16. Mai mit einer ihrer drei Töchter und einem der zehn Enkel in die Kreisstadt gefahren, um für Lockerungen der Coronabeschränkungen einzustehen. "Nicht mal zur Wende habe ich mich auf die Straße getraut. Ich habe bisher gemacht, was die Obrigkeit verlangte", blickt die Uckermärkerin zurück: "Aber jetzt war das Maß voll.» Immerhin hat ihr niemand das Demonstrieren verboten, wie es in der DDR gewesen wäre. Die Polizei hat sogar sehr umsichtig gehandelt und der guten Frau und einer Tochter und einem Enkel keinen Platzverweis erteilt. Gehörte sie doch zu jenen hundert Menschen, die man entgegen der Auflagen außerhalb des Demobereiches demonstrieren ließ. Nur, wer in unserer Gesellschaft seine Meinung äußert, muss damit rechnen, dass er dafür nicht nur gelobt sondern auch kritisiert wird.

Weitere Einschätzung des VS

In welchem illustren Kreis sich die gute Frau Carmzow bewegt beschreibt der Brandenburgische Verfassungsschutz folgendermaßen: "Die AfD versucht über Demonstrationen gegen die Corona-Auflagen Einfluss auf die politische Stimmung im Land Brandenburg zu gewinnen. Schon seit einigen Wochen beobachtet der Verfassungsschutz Brandenburg, dass Rechtsextremisten ihre Anhänger dazu aufrufen, sich aktiv in die Proteste einzubringen. Es ist das erklärte Ziel dieses extremistischen Spektrums, sich mit seinen Feindbildern und staatszersetzenden Zielen an die Spitze der Demonstrationen zu stellen. Der "Trend der Entgrenzung" des Rechtsextremismus könnte sich damit beschleunigt fortsetzen."


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