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news >> 2009 >> 090119_01

19.01.2009

Templiner Mord vor Gericht: Prozess gegen zwei Templiner Rechte wegen gemeinschaftlichen Mordes eröffnet

Lonsdaleklamotten und Palästinensertuch - Autonome Nationalisten im Gerichtssaal

Neuruppin (ipr) Seit Montag Nachmittag müssen sich zwei Angehörige der rechten Szene Templins vor dem Landgericht Neuruppin wegen gemeinschaftlichen Mordes verantworten. Die beiden Angeklagten Sven P. (19) und Christian W. (22) sollen vor einem halben Jahr den 55-jährigen arbeitslosen Meliorationstechniker Bernd K. aufgrund ihrer rechten Gesinnung verachtet, misshandelt und getötet haben. Sven P. wird zudem das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen.

Schon vor Prozessbeginn wurde klar, dass sich Angehörige des Opfers, Journalisten und Autonome Nationalisten aus der rechten Szene Templins die Sitzplätze im Gericht werden teilen müssen. Zu erkennen waren die Nazis an ihrer schwarzen Kleidung der Marken Lonsdale, alpha industries und Palästinensertuch. Als schwarzer Block saßen die sechs jungen Männer dann auch im Gerichtsaal und folgten schweigend der Verhandlung. Warum sie genau gekommen waren, war ihnen nicht zu entlocken. Einige von ihnen hatten schon Auftritte in anderen Gewaltprozessen zu absolvieren als Täter und als Zeugen.

Als die beiden Angeklagten in den Gerichtssaal geführt wurden, mussten sie ausgiebiges Blitzlichtgewitter über sich ergehen lassen. Zwei schmale Kerle, denen man einen derartigen brutalen Mord gar nicht zutrauen würde.

Das Vorspiel

Der Prozess begann mit zwei Anträgen des Verteidigers von Sven P., Dr. René Börner aus Potsdam. Er ersuchte, seinem Mandanten aus „Fairnessgründen“ einen zweiten Pflichtverteidiger beizuordnen wie es bei Christian W. bereits der Fall sei. In seinem zweiten Antrag verlangte der Rechtsanwalt die Aussetzung des Prozessen, weil seiner Ansicht nach noch nicht alle Ergebnisse der Spurenauswertung durch das Landeskriminalamt dem Gericht vorlägen, was die Verteidigung behindere.

Der Vorsitzende Richter am Landgericht Wegner gab nach einer 20 Minutigen Verhandlungsunterbrechung bekannt, dass Antrag eins abgelehnt sei. Beim zweiten Antrag gab er der Staatsanwaltschaft eine Frist von drei Tagen, eine Erklärung des LKA vorzulegen, dass sich durch die Spurenanalyse keine weiteren Beweismittel als bisher bekannt ergeben hätten. Zu Beginn des nächsten Prozesstages werde man dann eine Entscheidung über die Aussetzung des Prozesses fällen.

Die Anklage

Nach diesem juristischen Vorgeplänkel konnte dann Staatsanwalt Clement die Anklageschrift verlesen. Sie zeichnet den Weg des Opfers und seiner vermeintlichen Mörder an diesem Sommertag nach. Bernd K., der mit seinem Fahrrad unterwegs war, hatte seinen Peiniger Christian W. bereits am Nachmittag des 21. Juli 2008 in der Innenstadt Templins getroffen . Gemeinsam waren sie zum Obdachlosenheim der Stadt gewandert, und Bernd K. hatte wohl dort im Kreis seiner obdachlosen Kumpels noch eine für ihn angenehme Zeit beim Bier.

Gegen 21:00 Uhr mussten Christian W. und Bernd K., die beide nicht obdachlos waren, das Heim auf Anordnung des Leiters verlassen und wanderten zurück ins Stadtzentrum von Templin. Am Markt trafen sie auf Sven P. und tranken dort gemeinsam mit ihm Bier. Gegen 22:00 Uhr soll Sven P. auf dem Markt lauthals „Sieg Heil“ gegrölt haben. Die drei Männer machten sich gemeinsam auf den Weg.

Als sich Bernd K. auf sein Fahrrad schwang und los fuhr, kippte die Stimmung. Es war wohl zuvor vereinbart worden, dass man zu Fuß gehen wollte. Bern K. wurde daraufhin von zumindest einem Angeschuldigten getreten. Christian W. beschimpfte Bernd K. Es sollen Worte wie „Du Penner!“, „Du Vieh!“, „Drecksvieh!“, „Du alter Sack, beweg deinen Arsch!“ Gefallen sein. Als Bernd K. über einen Bordstein stolperte und zu Boden fiel, soll Christian W. geschrien haben: „Du blöde Sau, du Drecksvieh, steh auf!“ Die Staatsanwaltschaft bewertet das als eine bewusste Erniedrigung des Opfers.

Die Situation muss sich wieder entspannt haben, weil ein junger Mann, der den am Boden liegenden Bernd K. bemerkt hatte, hinzu kam und fragte, ob er helfen könne. Christian C. verneinte das, brachte Bernd K. wieder auf die Beine und zog mit ihm und Sven P. in Richtung Mühlentor davon. Dort betrat man ein altes Werkstadtgebäude, das dem Opfer gehörte, und wo er ab und zu nächtigte.

Von dort wollten die drei Männer weiter ins 10 Kilometer entfernte Petznick, dem Wohnort von Christian W. Bernd K. war zu diesem Zeitpunkt aufgrund des starken Alkoholkonsums nach Ansicht der Staatsanwaltschaft weder Willens noch in der Lage, sich irgendwohin zu bewegen.

Weil Bernd K. den Anordnungen seiner beiden Trinkkumpanen zum wiederholten Male an diesem Abend nicht Folge leistete, sollen sie wütend geworden sein. Aufgrund ihrer rechten Gesinnung – so sieht es die Staatsanwaltschaft - sollen sie ihr Opfer, das am Rande der Gesellschaft lebte, das seit Jahren als Arbeitsloser Sozialleistungen empfing, alkoholabhängig war und enge Kontakte zu Personen aus dem Obdachlosenmilieu pflegte, verachtet haben. Bernd K. musste für seinen „Befehlsverweigerung“ bestraft werden. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft sollen die beiden Männer ihr Opfer arbeitsteilig misshandelt haben „im bewussten und gewollten Zusammenwirken auf brutale und menschenverachtende Weise, wobei sie seinen Tod zumindest billigend in Kauf nahmen.“

Sven P. trat mehrfach mit großer Wucht auf den am Boden liegenden, wehrlosen Menschen ein und zertrümmerte dessen Gesicht. Zusätzlich wurde es mit einem abgebrochenen Flaschenhals traktiert. Damit nicht genug. Über mehrere Minuten hinweg wurde Bernd K. gewürgt. Irgendwann war tot. Zuletzt hätten die Angeklagten den schon toten Bernd K. mit Abfällen beworfen und angezündet, um ihn „weiter zu erniedrigen“.

Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass Sven P. Bernd K. auch deshalb tötete, weil er sehen wollte, wie ein Mensch stirbt.

Kleines Nachspiel

Zum Abschluss des Prozesstages bat Anwalt um die Zusendung der Ablehnungsbegründung gegen seinen Antrag per Fax, was Richter Wegner mit Hinweis auf die Möglichkeit der Akteneinsicht energisch verweigerte. Dies hatte den nächsten Antrag auf Zusendung einer schriftlichen Begründung zur Folge. Entschieden wurde darüber allerdings nicht mehr.

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